Der alljährliche Kaufrausch zu Weihnachten geht seinem fulminanten Ende entgegen, während die Lautsprecher aller Einkaufszentren hektisch bemüht sind, den Puls des Advents zu reanimieren, der zu dieser Jahreszeit ursprünglich einmal von ganz alleine einsetzte.
Plakate beschwören die großen Kinderaugen in freudiger Erwartung, die in Realität immer seltener werden, denn die in Film, Fernsehen und Youtube genährten Hoffnungen müssen zwangsläufig immer öfter am bescheidenen Geldbeutel der Familien zerschellen. Und das obwohl hingebungsvolle Eltern doch mehr denn je bereit sein müssen, die wertvolle Zeit mit den Kindern einem Zweitjob zu opfern.
Weihnachten..?
…das ist aber doch zumindest noch die Zeit eines kollektiven, landesweiten Innehaltens. Nachdem die Wochenenden bereits beharrlichen Konsumgelüsten geopfert wurde, vielleicht tatsächlich das letzte gemeinsame Innehalten im Verlauf eines Jahres in einer individualisierten und zunehmend digitalisierten Gesellschaft.
Nicht mehr als ein verordneter Stillstand also?
Tatsächlich scheint da jenseits gesellschaftlicher Ruhe und religiöser Traditionen aber mehr.
In sich gekehrt sein, würde den Zustand vielleicht besser beschreiben.
Nachdenklich vielleicht, aber irgendwie grundsätzlicher.
Ein Zustand geistigen Aufräumens möglicherweise, bei dem gute und schlechte Ereignisse Revue passieren können, geordnet werden und einen endgültigen Platz in den persönlichen Erinnerungen erhalten.
Ja, das trifft es eigentlich ganz gut!
Neben diesem sehr persönlichen und in die Vergangenheit gerichteten Aspekt, ist aber auch die Gemeinschaft untrennbar mit Weihnachten verbunden. Das Treffen lieber und bedeutender Menschen ohne dabei den Zwängen des Alltags ausgesetzt zu sein.
Eine kurze Atempause.
Ein Ruheraum.
Ein ganz bewusst wahrgenommener Augenblick im „Jetzt“, der sich bereits einfach nur dadurch auszeichnet und im Gegensatz zu den unzähligen Momenten, hoch konzentrierter Zerstreuung steht.
Aber auch das greift noch zu kurz. Denn Weihnachten ist auch untrennbar mit Hoffnung verbunden. Und Hoffnung ist nichts anderes, als ein Blick nach vorne, der in einer positiven Grundstimmung getätigt wird. Dieser wesentliche Anteil von Weihnachten scheint irgendwie auf der Strecke geblieben zu sein. Die Enttäuschung ist bereits so tief in die vielen Versprechen der Medien mit eingewoben, dass es nahezu unmöglich scheint, dagegen anzukommen.
In einer Zeit, in der die Unmittelbarkeit der Bedürfnisbefriedigung im Vordergrund steht, führt das schnell zu Unzufriedenheit, Frustration und Distanzierung. Wenn das eigentlich so sehnlich erwartete Familientreffen sich also regelmäßig in eine gegenteilige Richtung entwickelt, dann mag es vielleicht durchaus daran liegen, dass wir Weihnachten als den Zielpunkt aller Hoffnungen umgedeutet und es dabei im Laufe der Jahre seiner Rolle als Ursprung aller Hoffnung beraubt haben.
Weihnachten hat also irgendwie sowohl mit Vergangenheit und Gegenwart, vor allem aber mit Zukunft zu tun! Denn schließlich ist es gerade dieser hoffnungsvolle Blick nach Vorne und die damit einhergehende, zu erwartende positive Veränderung, die den Zauber von Weihnachten ausmacht.
Das sollten wir uns dringend wieder angewöhnen, denn nur dann kann es gelingen, mehr zu leisten, als weiterhin den zunehmend verzweifelten Versuch zu unternehmen, den Funken am Glimmen zu halten. Nur wer selbst voller Tatendrang ist, weil die Veränderung so dringend notwendig erscheint, kann auch in dunkelster Nacht Hoffnung weitergeben und andere entzünden.
Was könnte dem ursprünglichen Gedanken von Weihnachten näher sein?
Kaum jemand ist es besser gelungen, diese drei Dimensionen von Weihnachten jenseits religiöser Bedeutung wortgewaltiger zu Papier zu bringen, als dem englischen Autor Charles Dickens.
Es ist seltsam, dass die bisherigen Überlegungen zu Weihnachten hier münden, denn in seiner Geschichte „A Christmas Carol“ beschreibt er einen egozentrischen Unternehmer namens Ebenezer Scrooge, der immer noch mehr Leistung und Verzicht von seinen Mitarbeitern verlangt, um den eigenen Reichtum und das eigene Ansehen zu mehren.
Am Weihnachtsabend erscheinen Mr. Scrooge drei Geister.
Der Geist der letzten Weihnacht entführt ihn in seine Jugend und führt ihm vor Augen, worin der ursprüngliche Zauber einst gelegen hat, der dem verbitterten Mann auf seinem Lebensweg abhandengekommen ist.
Der zweite Geist zeigt ihm, wie die gegenwärtige Weihnacht für andere Menschen verläuft. Er muss erkennen, dass sein eigenes Handeln andere Leben beeinflusst, ihnen Geld raubt, ihnen unverhältnismäßig viel Arbeit abverlangt und dadurch Zeit kostet, die sie mit ihren Lieben verbringen könnten.
Der dritte Geist zeigt die zukünftigen Weihnachten, in der er an der Beerdigung eines Menschen teilnimmt, den scheinbar niemand beweint, niemand vermisst und den niemand für wert erachtet, ihn zu betrauern. Scrooge erkennt erst beim Aufstellen des Grabsteins, dass es sich um sein eigenes Grab handelt.
Das Erlebnis stößt die lange überfällige Veränderung im Leben des egozentrischen Narzissten an und er beginnt sein Leben auf der Grundlage der gemachten Erkenntnisse neu auszurichten. Die Vergangenheit kann nicht geändert, die begangenen Fehler nicht revidiert werden. Aber Scrooge erkennt, dass die Gegenwart das Potenzial hat, die Zukunft zu ändern.
Und diese Erkenntnis nutzt er.
Ebenezer Scrooge mag dem ein oder anderen nach diesjährigen politischen Erfahrungen irgendwie seltsam vertraut vorkommen, aber das mag auch nur ein rein persönlicher Eindruck sein und sicherlich hat da jeder eigene Intuitionen.
Tatsache bleibt aber, dass selbst Scrooge sich geändert hat und diese Weihnachtsgeschichte zeigt, dass jeder die Möglichkeit zur Veränderung besitzt. In jedem Alter, an jedem Ort und auf jede Art und in jedem Umfang!
Trotz unseres tiefen und innigen Wunsches nach weitreichenden und großflächigen Reformen, sollten wir uns in den besinnlichen Stunden, die vor uns liegen, aber bewusst machen, dass niemand andere Menschen oder gar Zustände nachhaltig zu ändern vermag. Jeder von uns kann nur einen einzigen Menschen aktiv verändern. Aber die Wahrnehmung dieser Veränderung führt möglicherweise auch bei anderen zum Überdenken der jeweils eigenen Position.
Und genau das wollen wir als Partei künftig versuchen.
Wir wollen nicht der Geist der vergangenen Weihnacht sein, der aufzeigt, dass früher vermeintlich alles besser war.
Wir wollen nicht der Geist der gegenwärtigen Weihnacht sein, der andere auf das permanente Fehlverhalten und die Konsequenzen hinweist.
Wir wollen am allerwenigsten weiterhin der Geist der zukünftigen Weihnacht sein, der beharrlich mit düsteren Prophezeiungen vom bevorstehenden Ende kündet.
Wir wollen der Geist sein, der hinter dieser Geschichte steht! Der Geist, in dem sie geschrieben wurde.
Wir wollen zeigen, dass es niemals zu spät ist, um Veränderungen auf den Weg zu bringen.
Wir wollen durch unser Handeln die Veränderung sein, die wir uns wünschen!
Jeder einzeln, alle gemeinsam!
Für Ihr Vertrauen, Ihre Geduld und Ihren Beitrag zu unseren Bemühungen bedanke ich mich aus tiefstem Herzen und wünsche Ihnen und Ihren Familien Ruhe zur Regeneration und zum Schöpfen neuer Kraft.
Fröhliche Weihnachten
Wolfgang Bloch