Stell Dir vor: Es ist Krise und wir haben ein bedingungsloses Grundeinkommen!

Ein Beitrag von Wolfgang Steins

Was wäre, wenn wir bereits ein bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) nach dem Modell der Deutschen Mitte hätten?

Jeden Tag überschlagen sich die Nachrichten in Sachen Auswirkungen der Corona-Krise für die Menschen, die Wirtschaft und das gesellschaftliche Zusammenleben insgesamt.

Die Politik verkündet täglich neue Absichten und Not-Programme, mit denen man der Krise Herr werden will. Gelder sollen in zig Milliarden zur Verfügung gestellt werden, Steuererleichterungen, Steuerstundungen und der Abbau von bürokratischen Hürden, welche bislang unverzichtbar waren, werden in Aussicht gestellt oder sind bereits beschlossen.

Allein, den Menschen begegnet ein Wirrwarr von Informationen und die Freiheitsrechte werden zunehmend eingeschränkt. Die wirtschaftlichen Auswirkungen für die Bürger sind noch nicht einmal im Ansatz absehbar. Das Gefühl der Unsicherheit ist weit verbreitet; Existenzangst geht um.

In unserem jetzigen Finanz- und Wirtschaftssystem sind derartige Vorkommnisse, Krisen im Allgemeinen, nichts ungewöhnliches. Das Auf und Ab der Wirtschaftsentwicklung ist systemimmanent und gewollt, fördert es doch die Innovationskraft und den Wettbewerb; so jedenfalls die herrschende Meinung. Wir sind jedoch im globalen Geflecht des neoliberalen Wirtschaftens angekommen, wo Lieferketten von Just-in-Time-Beziehungen abhängig sind. Die kapitalistische Ausrichtung nach dem „immer schneller, immer billiger“ fördert allerdings auch Ausbeutung, desaströse Abhängigkeiten und Machtkonzentration, sowie Angst bei den Menschen.

Wie anfällig unsere Wirtschaft weltweit geworden ist, beginnen wir gerade erst vor Augen geführt zu bekommen.

Lassen Sie uns einmal für einen Moment innehalten und uns der Frage widmen, ob diese Auswirkungen von Krisen für die Menschen, sowie das wirtschaftliche und gesellschaftliche Zusammenleben tatsächlich zwingend sind.

Was wäre, wenn die Existenzangst der Menschen aus dem System entfernt werden könnte?

Was würde das für das derzeit so weit verbreitete Wirtschaftstreiben nach dem Motto „Gier schlägt Hirn“ bedeuten?

Bevor Sie nun diese Überlegungen in die gedankliche Fabelwelt von links-ideologisch verpeilten Sozialromantikern verbannen, seien Sie versichert, das ist bei der Deutschen Mitte nicht der Fall und das politische Programm kennt für die Umsetzung Mittel und Wege.

Folgen Sie uns einmal in die Gedankenwelt des bedingungslosen Grundeinkommens, wie es die DM einführen möchte, welche Ausgangsanalyse dahintersteht, welche Ziele erreicht werden sollen und welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, damit es Wirklichkeit werden kann.

Analyse der derzeitigen Situation

Im jetzigen System ist praktisch jeder Aspekt des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Zusammenlebens, sowie dessen Finanzierung in Abhängigkeit des heutigen Begriffs der entlohnten Erwerbstätigkeit.

Das verfügbare Einkommen der Menschen hängt davon im Wesentlichen ebenso ab, wie die Staatseinnahmen, das Sozial- und Gesundheitswesen und fast alle anderen Sektoren unseres Gemeinwohls. Auf der anderen Seite sind viele Aspekte des Tätigseins der Bürger einerseits und von Vermögen und Einkommensquellen andererseits zumindest finanziell vom Gemeinwohl völlig entkoppelt.

Diese einseitige Fixierung auf die entlohnte Arbeit jetziger Lesart hat zu erheblichen Verwerfungen geführt und wird künftig so oder so nicht durchzuhalten sein. Als Stichwort sei hier nur die kommende Arbeitsmarktentwicklung auf Basis der digitalen Umstellung der Produktion und Lieferketten genannt, wie sie im Rahmen der Industrie 4.0 zu erwarten sein wird. Manche Stimmen aus der Großindustrie sprechen davon, dass bis zu 80% der Arbeitnehmer bis in die zweite Führungsebene hinein freigesetzt werden könnten und fordern daher ein staatlich finanziertes Grundeinkommen.

Die kapitalistische Jagd nach der billigen Arbeitskraft ist nun bereits einmal um den Globus gekreist und kann nur durch Digitalisierung weitergeführt werden.

Wenn dem nun so ist und diese Entwicklungen kommen könnten, müssen wir über eine neue Definition von Arbeit einerseits und Gesellschaftsfinanzierung andererseits nachdenken, wenn wir nach wie vor das Konzept des mündigen Bürgers nicht gänzlich zu Gunsten des dummen Verbrauchers und Arbeitssklaven aufgeben wollen.

Wie könnte man also sicherstellen, dass die Menschen sich ohne Existenzangst frei nach ihren Möglichkeiten und Fähigkeiten entwickeln und eine prosperierende Wirtschaft ermöglicht werden kann?

Ein Mittel der Wahl: das BGE

Eine Antwort könnte das so genannte Bedingungslose Grundeinkommen (BGE) sein, wie es die Deutsche Mitte mit ihrem politischen Programm umsetzen möchte.

Leider wird unter dem Begriff „BGE“ landläufig nicht immer das Gleiche diskutiert. Daher lassen Sie uns einmal die Eckwerte der DM beschreiben:

  • Es handelt sich um ein bedingungsloses Grundeinkommen und wird jedem deutschen Staatsbürger gewährt.
  • Es hat mit Sozialhilfe, Hartz IV oder sonstigen Sozialleistungen nichts zu tun.
  • Es gibt keine Anrechnung oder Verrechnung mit anderen Einkünften.
  • Es ist nicht mit Steuern oder Sozialabgaben belastet.
  • Es wird in einer Höhe gewährt, welche geeignet ist, die Grundbedürfnisse der Staatsbürger tatsächlich zu decken. Sahnehäubchen werden mit dem BGE nicht verteilt.
  • Es wird davon ausgegangen, dass jeder Staatsbürger einer Beschäftigung nachgeht; allerdings muss es sich nicht um eine entlohnte Erwerbstätigkeit nach heutiger Lesart handeln. So sind persönliche Aus- und Weiterbildung genauso gemeint wie derzeit ehrenamtliche oder sonstige unentgeltliche – aber gesellschaftlich wertvolle – Tätigkeiten, wie Betreuung von Kindern und Kranken.

Ziele des BGE der DM

Es soll den Menschen angesichts der zu erwartenden Umwälzungen auf dem Markt für entlohnte Erwerbstätigkeiten derzeitiger Prägung garantieren, ohne Existenzangst die persönliche Entfaltung und eine Teilnähme am wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben in unserem Staat zu ermöglichen.

Mögliche Folgen des BGE

  • Durch die Einführung des BGE in nennenswerter Höhe wird die Existenzangst aus dem System genommen. Die Menschen können sich frei von wirtschaftlichen Ängsten nach ihren Fähigkeiten und Neigungen entwickeln. Hierdurch ist kein Mensch mehr über die „Lohnarbeit“ erpressbar.
  • Durch Einführung des BGE ist anschließend jegliches anderes Einkommen per Definition Zusatz-Einkommen, was zur Befriedigung der weitergehenden Bedürfnisse genutzt werden kann und für die Grundbedürfnisse nicht benötigt wird.
  • Aus den vorherigen Punkten ergibt sich zwingend, dass sowohl Entlohnungsstrukturen, als auch das Steuer- und Abgaben-Recht an diese neuen Gegebenheiten angepasst werden müssen.
  • Es werden völlig neue „Entlohnungsmodelle“, Beteiligungsmodelle und Finanzierungsmodelle möglich, die die Kluft der Interessen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer im heutigen Sinne aufbrechen können.
  • Arbeitskämpfe zur Grundsicherung oder Mindestlohndebatten werden gänzlich irrelevant. Gerechte Bezahlung von Tätigkeiten und Wagnissen kann angstfrei ohne Zwang auf Augenhöhe und in gegenseitigem Respekt verhandelt und vereinbart werden können. Die Entlohnung von Tätigkeiten und/oder Wagnisse zur Erzielung von Zusatz-Einkommen wird branchenübergreifend die Wirtschaft erneuern. Das heutige Lohngefüge wird sich massiv verändern. So könnten die Entlohnungsvereinbarungen auch den gesellschaftlichen Nutzen von Tätigkeiten besser widerspiegeln, als es heute der Fall ist.
  • Entsprechend der benötigten Tätigkeit, Qualifikation und Risikobereitschaft sind angesichts der neuen Entscheidungsfreiheiten der Bürger gänzlich neue Strukturen denkbar. Man stelle sich vor, wie die Beschäftigten sich hinsichtlich der Kombination von zeitlichen, finanziellen und risikobasierten Ansätzen der „Entlohnung“, gepaart mit erhöhter Qualifikation und Einsatzbereitschaft entsprechend der persönlichen Neigung, entwickeln könnten. Was für ein Potential von Innovation und Effizienz!
  • In Summe wären die Kosten des Faktoreinsatzes „Arbeit“ unter dem Aspekt Zusatzeinkommen tendenziell sinkend; alternativ könnten diese in Gewinneinkünfte in „Arbeitnehmerhand“ umgewandelt werden.
  • So sich das Gefüge von Grund- und Zusatzeinkommen gegenüber heute so dramatisch ändern kann, ist der Spielraum gegeben, die Finanzierung unseres Gesellschaftsmodells auf eine deutlich breitere Basis zu stellen. Das Steuer-, Abgaben- und Subventionsrecht wird sich ebenfalls Spielräume eröffnen, zielgerechte Anpassungen vorzunehmen. Steuern und Abgaben auf definitionsgemäßes Zusatzeinkommen können anders strukturiert sein, als es heute der Fall ist. Die systematischen Ungerechtigkeiten des jetzigen Systems können überwunden werden.
  • Es ist durchaus denkbar, dass bei entsprechend zielgerichteter Änderung nicht nur des Steuerrechts die Steuern und Abgaben in Summe sinken könnten.
  • Generell könnten sich so zusammengenommen Gewinne von Unternehmen erhöhen, bei tendenziell sinkendem Faktoreinsatz von Arbeit, sinkenden Steuerlasten, erhöhter Qualifikation und Risikobereitschaft der „Mitarbeiter“. Das würde zu einem gewissen Teil auch den Zwang zum Wachstum bei gleich hohen Gewinnerwartungen begrenzen. Die Stabilität der Unternehmen, ihre Finanzbasis und ihre Wettbewerbsfähigkeit würde steigen.
  • Arbeitslosigkeit im heutigen Sinne wird seine Existenzbedrohung verlieren.
  • Altersarmut ist verunmöglicht.
  • Die soziale Gängelung hat ein Ende; der Staatsbürger erfährt endlich den Respekt, der ihm von jeher als Mensch gebührt.
  • Angesichts der durch das BGE gesteigerten Möglichkeit der Binnennachfrage wird die Abhängigkeit der Wirtschaft vom Außenhandel (Exportüberschuss) gemindert.
  • Die benötigte Sozialverwaltung wird auf ein Minimum reduziert werden können. So wird sie für Deutsche Staatsbürger nur noch für echte Härtefälle benötigt. Der ganze Verwaltungswahnsinn von Anrechnung, Kürzung, Überwachung und Sanktionierung von Sozialleistungen wäre obsolet, da Sozialleistungen heutiger Lesart zur Existenzsicherung gar nicht mehr benötigt würden.
  • Da das Steuer- und Abgaben-System völlig überarbeitet werden könnte, bestünde auch endlich die Möglichkeit einer drastischen Vereinfachung hin zu einer systematischen und zielgerichteten Ausformulierung der Gesetze. Die Verwaltung könnte erheblich vereinfacht und von Sondertatbeständen bereinigt werden.
  • Sämtliche Einsparungen im Sozialsystem und in der Verwaltung, sowie die zu erwartenden Steuereinnahmen aus der Binnennachfrage-Steigerung, sowie Kostenreduzierung für Unternehmen, können in die Finanzierung des BGE und den Systemumbau des Finanz- und Wirtschaftssystems gelenkt werden. Damit ist die Finanzierung angesichts der heutigen Ausgabenlast des sozialen Sektors bereits rechenbar.

Voraussetzungen für die Einführung des BGE

  • Der politische Wille zur Veränderung hin zur echten Verwirklichung von Freiheit und Demokratie, sowie die Bereitschaft, nicht mehr mit der „Angst“ zu regieren.
  • Umstellung des Finanz- und Geldsystems; Beendigung des verzinsten Schuldgeldes mit privater Geldschöpfung; Einführung eines zinsfreien nationalen Vollgeld-Systems
  • Einführung des Herkunftsland-Prinzips in der Sozialversicherung
  • Beachtung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichtes durch eine tatsächlich unabhängige nationale Notenbank
  • Entkoppelung der Finanzierung des Gemeinwesens vom jetzigen Begriff der entgeltlichen Erwerbstätigkeit.
  • Einführung eines BGE in einer Höhe, welche tatsächlich die Grundbedarfe decken kann (ca. 1200€).
  • Umstellung des Steuerrechtes; Wiedereinführung der Gleichbehandlung von allen Einkunftsarten als Zusatzeinkommen und Besteuerung nach Leistungsfähigkeit, Streichung von Sondertatbeständen und Subventionen, Förderung von echten Unternehmensbeteiligungen und des Mittelstandes, Abschaffung von Privilegien für Finanzkapital; Neuregelung von Vermögen- und Erbschaftsteuer mit großzügigen Freibeträgen usw.
  • Verschlankung der Verwaltung auf allen Ebenen; Wiedereinführung und Durchsetzung des strengen Subsidiaritätsprinzips
  • Reformierung des gesamten Sozial- und Sozialversicherungssystems

Finanzierung des BGE

Die notwendige Finanzierung eines BGE in derartiger Höhe ist an mehrere Bedingungen geknüpft:

  • Umstellung des Geld- und Finanzsystems; ein über private Banken kreditfinanzierter Staat im verzinsten Schuldsystem wird die Mittel nicht aufbringen können – jedenfalls nicht auf Dauer – da der zinsgetriebene Wachstumszwang eine permanente Umverteilung von Fleißig nach Reich über das Geldsystem mit sich bringt und so die Spielräume massiv einengt.
  • Die Einführung des BGE muss mit einem Umbau und Verschlankung der Verwaltung einhergehen. Sonst sind unnötige Strukturen auf Dauer kostentreibend im System.
  • Die Einführung des BGE muss von einer konsequenten Bereinigung und Vereinheitlichung des Steuersystems begleitet werden. Entscheidend hierbei ist nicht die Frage, in welcher Steuerart Erhöhungen, Minderungen oder Änderungen zu erfolgen haben. Vielmehr ist die Fragestellung derart, wie der Umbau systematisch zielgerichtet effizient erfolgen kann, ohne starke Verwerfungen zu provozieren. Eine rechtsverlässliche Gestaltung ist zwingend zu beachten. Ideologiegetriebene Vorschriften sind zu Gunsten von zielgerichteten Lösungen zu verwerfen.
  • Damit sich persönliche Leistung künftig wieder mehr lohnt als Ausbeutung, muss das Haftungs- und Gesellschaftsrecht angepasst werden. Verantwortung und Risiko müssen Hand in Hand gehen. Die übermäßige Privilegierung von Finanzkapital hat zur Vergesellschaftung von Risiken und Schulden bei Privatisierung von Gewinnen geführt; dieses ist zu Gunsten des persönlichen Engagements von Unternehmern zu ändern.
  • Der Umbau der Systematik in Sozial-, Steuer- und Abgabenrecht ist von einem Verwaltungsumbau und einer Bildungsreform zu begleiten, welche die Entscheidungsfreiheiten der Menschen fördert und wieder eine Kultur des Unternehmertums und der Kooperation fördert.

So es gelingt, die Entkopplung der Finanzierung der Gesellschaft vom jetzigen Begriff der entlohnten Erwerbstätigkeit durchzuführen, wird der Spielraum eröffnet, Gesellschaft, Wirtschaft und Bürgern ein gerechteres Gemeinwesen mit mehr Konsens und Solidarität zu schaffen. Dieses neue Gemeinwesen kann dann geprägt sein von mehr Kooperation, vom Wettbewerb der Ideen und weniger von ruinöser Konkurrenz und globaler Ausbeutung. Die Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens könnte neben der Befreiung von der Existenzangst die weitgreifendste soziale Reform sein, welche die Demokratie endlich zu neuer Blüte führen und unserer Wirtschaft einen neuen Schub zu Innovation und Effizienz in nie dagewesener Größenordnung bieten könnte.

Das Prinzip soll sein: Freiheit für die Menschen, Kooperation statt ruinösem Wettbewerb. Leistung muss sich lohnen, Ausbeutung darf es nicht. Wirtschaften muss geprägt sein vom Geist des gemeinsamen und gegenseitigen Nutzens.

Es gibt viel zu durchdenken und viel zu gewinnen. Dass die Zeit reif ist, belegen Beispiele wie diese:

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Packen wir es gemeinsam an! Wir dürfen querdenken für eine angstfreie Gesellschaft!