Ein Gast-Beitrag von Claudia Privitera
Lebensmittelverschwendung ist ein großes Problem. Allein in Deutschland landen jährlich 13 Mio. Tonnen an Lebensmitteln im Abfall. Dies entspricht pro Kopf 85,2 kg.
Mein Name ist Claudia Privitera und ich bin seit 2017 ein sogenannter „Lebensmittelretter“ oder „Foodsaver“ aus Südhessen. Ich rette Lebensmittel aller Art, die aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr verkäuflich sind. Hierzu gehe ich nach Feierabend in die kooperierenden Betriebe und nehme die Waren mit, die der Betrieb nicht mehr verkaufen kann; beispielsweise weil das Mindeshaltbarkeitsdatum (MHD) überschritten ist, oder diese nicht den Qualitätsansprüchen der zahlenden Kundschaft oder des Betriebes genügen. Diese eigentlich einwandfreien Lebensmittel werden dann unentgeltlich und kostenfrei weiter an alle interessierten Abnehmer weitergegeben und somit vor einem vorzeitigen und sinnlosen Ende in der Mülltonne verschont.
Als Endverbraucher habe ich dank Foodsharing angefangen umzudenken. Oft fängt es mit einer braun gewordenen Banane oder einem vergessenen Joghurt in der hintersten Reihe des Kühlschranks an. Früher prüfte ich wie die meisten Menschen in Deutschland das MHD und wenn dieses überschritten war, landete der Joghurt geradewegs in die Tonne. Dass das MHD kein Ablaufdatum ist, sondern lediglich den Zeitpunkt aufzeigt, zu dem ein Lebensmittel mindestens noch haltbar ist und nicht höchstens, wissen die wenigsten. Verunsicherung und Fehlinformationen führen dann zu Missverständnissen. Und so wandern mit dem Joghurt auch die verbrauchten Ressourcen (Zutaten, Plastik, Energie, Treibstoff, Arbeitskraft, etc.) im Müll. Hinzu kommt, dass im Vorfeld riesige Mengen durch Fehl- und Überschussproduktion entsorgt werden, ohne dass diese jemals zum Verkauf angeboten wurden.
Durch das ständige Überangebot und den fehlenden Bezug fällt auch die Wertschätzung der Lebensmittel der „Wegwerf-Doktrin“ zum Opfer. Doch seit einiger Zeit deutet sich ein Wandel an. Immer mehr Menschen wird bewusst, dass wir mit unseren Ressourcen nicht in diesem verschwenderischen Stil umgehen dürfen und bringen sich bei der Arbeit von Institutionen wie foodsharing.de ein. Seit 2012 arbeitet diese bildungspolitisch deutschlandweit und in weiteren Ländern, wie Österreich und der Schweiz, mit ehrenamtlichen Lebensmittelrettern zusammen.
Mittlerweile kooperieren weit über 3000 Betriebe; ehrenamtliche Lebensmittelretter konnten bisher schon 7,8 Millionen kg Lebensmittel vor deren Vernichtung bewahren. Das Retten und Verteilen von Lebensmitteln findet geldfrei statt und jeder kann sich beteiligen! Der Zulauf ist von allen Seiten groß und wird stetig größer!
Mein Fazit:
Circa 90% der unverkauften Lebensmittel finden ihren Platz in großen Tonnen auf abgeschlossenen und blickdichten Hinterhöfen der Geschäfte. Ehrenamtlich tätige Lebensmittelretter bewahren durch bis zu 1000 täglichen Abholungen Lebensmittel vor deren Verschwendung.
Während also auf der einen Seite tonnenweise Obst und Gemüse wegen Schönheitsfehlern aussortiert werden, können sich auf der anderen in unserer eigenen Nachbarschaft nicht mal mehr alle Menschen frische Lebensmittel leisten. Was läuft schief in Deutschland, in einem der reichsten Länder der Welt? Die Tafeln, foodsharing.de, und noch viele andere kleine Institutionen fangen da auf, wo die Politik versagt. Wenn es diese Institutionen nicht gäbe, könnte sich Deutschland nicht mehr hinter seiner abgeschobenen Verantwortung drücken. Handeln ist jetzt gefragt: werdet Lebensmittelretter! www.foodsharing.de