Als Verlierer des zweiten Weltkrieges, wurde es dem deutschen Volk bis heute nicht gestattet, über eine eigene Verfassung abzustimmen. Eine Verfassung gibt es eigentlich in jedem anderen Land auf der Welt, auch in Stadtstaaten wie Monaco und selbst in einer Militärdiktatur wie Thailand wurde vor nicht langer Zeit (2016) vom thailändischen Volk noch über eine neue Verfassung abgestimmt, angenommen mit 61% bei 54% Wahlbeteiligung, weltweit also ein völlig normaler Vorgang.
Stattdessen entschieden die Siegermächte, dass Deutschland seit 1949 ohne Verfassung und nur mit einem Grundgesetz regiert wird.
„Das Grundgesetz (GG) ist die Verfassung für die Bundesrepublik Deutschland. Es wurde vom Parlamentarischen Rat, dessen Mitglieder von den Landesparlamenten gewählt worden waren, am 8. Mai 1949 beschlossen und von den Alliierten genehmigt.“
[Quelle: www.bundestag.de/grundgesetz]
Heute könnte man es als historischen Fehler bezeichnen, dass man damals die Auffassung vertrat, Zitat Paul Schreyer: „Die zu entwerfende Verfassung sei nur vorläufig, eben ein „Grund-Gesetz“, das später, nach der hoffentlich baldigen Vereinigung Deutschlands, von einer echten und dauerhaften Verfassung abgelöst werden würde. Und da es sich ja nur um ein Provisorium, um eine Übergangslösung handelte, sei eine Volksabstimmung dazu auch völlig übertrieben.“
(aus dem Buch „Die Angst der Eliten – Wer fürchtet die Demokratie?“.)
Der entscheidende Unterschied
Über eine Verfassung stimmt ein Volk ab, ein Grundgesetz ist ein Gesetz, dass von den Siegern genehmigt, einfach erlassen wird und welches das Volk dann zu befolgen hat. So ist es auch nicht verwunderlich, wenn in diesem Grundgesetz eben nur sehr wenig über basisdemokratische und direkte Demokratie steht. So etwas ist in Deutschland bis heute nicht erwünscht oder schlicht verboten. Wenn man Abraham Lincoln folgt und Demokratie als Regierung „des Volkes, durch das Volk, für das Volk“ sieht, ergeben sich eklatante Widersprüche.
Gemäß Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG geht die Staatsgewalt vom Volk „in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung aus.“ Klingt ja toll der Satz, das Problem? Im Regelfall handeln ausschließlich Repräsentanten für das Volk, die Anwendungsfälle sind in Art. 20 II 2 GG abschließend geregelt.
Im Klartext
Es gibt viele Gesetze zu Wahlen, wie genau wir alle vier Jahre unsere Repräsentanten wählen dürfen, es gibt keine Gesetze, wie – zumindest bei wichtigen Fragen, die uns alle betreffen – eine bundesweite Volksabstimmung, ein Volksentscheid, also der förmliche Akt einer direktdemokratischen Abstimmung abzulaufen hat. Im Gegenteil sind bundesweite Volksentscheide schlicht nicht vorgesehen und es verwundert nicht, wenn sich insbesondere die CDU seit Jahren federführend gegen alle Versuche dies zu ändern stellt. Das Grundgesetz sieht Volksabstimmungen nur bei der Neugliederung des Bundesgebietes (Art. 29 Abs. 2 GG) und im Fall einer neuen Verfassung (Art. 146 GG) vor. Im Übrigen ist eine unmittelbare Beteiligung des Staatsvolkes auf Bundesebene unzulässig.
[Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung/Volksabstimmung]
Die Folgen
Es ist also nicht verwunderlich, wenn es seit 1933 keine direkte Demokratie und keine Volksabstimmungen mehr gegeben hat. Nur so ist es möglich, dass auch über die größten, milliardenschweren Rüstungsprojekte letztendlich eine Handvoll Politiker (Repräsentanten) mit engsten Verbindungen zur Rüstungsindustrie für uns entscheiden und wir – das Volk – nichts mehr zu sagen haben. Gleiches gilt für die Legalisierung von Cannabis Sativa (Hanfpflanze), das Verbot von Glyphosat, die neue Stationierung von Atomwaffen in Deutschland, die Kriegsbeteiligung in Syrien und anderen Ländern, die Verhängung von Sanktionen gegen Russland und für Fragen zur Einführung von Vollgeld ohne Giralgeld und Geldschöpfung durch Banken.
Sollte ihnen zukünftig noch mal jemand erzählen, dass wir keine Verfassung brauchen, da wir ja ein Grundgesetz haben, kennen sie jetzt die entscheidenden Unterschiede.
Basisdemokratie wieder lernen
Machen wir uns nichts vor, bis in Deutschland bundesweite Volksabstimmungen wieder möglich sind, ist es noch ein langer Weg, der in der praktischen Umsetzung genauso beschwerlich sein wird, wie die Forderung nach einem Friedensvertrag, einem menschlichen Geldsystem oder dem Austritt aus der NATO. Nach über 80 Jahren Abstinenz müssen wir wieder neu von ganz unten anfangen. Vielen ist die Bedeutung echter, gelebter Demokratie gar nicht mehr klar. Die Probleme erkennen wir alle, wenn unsere Repräsentanten zum x-ten mal ihre Wahlversprechen vergessen und – wie von oben verlangt – gegen den Willen des Volkes entscheiden. Aber anstatt an Lösungen zu arbeiten, machen wir einen auf Trotzkopf „Ich geh nicht mehr wählen, bringt eh alles nichts“ und sind auch noch stolz auf diese intelektuelle Meisterleistung.
Nein, die Deutsche Mitte ist heute noch keine Volkspartei. Zur Zeit haben wir noch nicht mal den Hauch einer Chance über irgendeine Prozenthürde zu springen. Aber hier entsteht Schritt für Schritt die Basis für eine bessere Zukunft für uns alle. Wir haben die richtigen Ideen, wir haben die richtigen Lösungsansätze, hier werden die wichtigen Themen der Zukunft diskutiert. Das (wieder) erlernen der Basisdemokratie, die erste Umsetzung bei Entscheidungsfindungen innerhalb der Partei, die Einführung und Nutzung basisdemokratischer Werkzeuge, das Erlernen unseres Handwerkes sind das Fundament auf dem großes Wachsen kann, vor allem Vertrauen.
Mein Aufruf
Ich bitte deshalb alle Mitglieder und Freunde der Deutschen Mitte, sich mit diesem Thema und den notwendigen Werkzeugen zur praktischen Umsetzung zu beschäftigen. Sprechen wir an den Stammtischen über die Einführung von Volksabstimmungen, diskutieren wir auf Parteitagen, wie wir basisdemokratiesche Elemente zunächst in die Entscheidungsprozesse innerhalb der Partei unwiderruflich verankern. Gehen wir praktisch an die Sache heran und stimmen per „Democracy Deutschland App“ ab sofort über Gesetzesvorlagen im Bundestag mit ab, üben wir, lernen wir.
Digitale Medien – Mit der Democracy App zur Basisdemokratie?!
Die neue Democracy App liefert als Pilotprojekt für mehr Bürgerbeteiligung quasi als Nebenprodukt den Lackmustest für direktere Demokratie. Die Zeit wird zeigen, ob sich das bewährt und wie tragfähig es ist, wenn wir direkt-demokratisch rechtlich verbindliche Entscheidungen treffen. Die technischen Möglichkeiten, in der Kombination mit Vernetzung und Informationsaustausch, werden automatisch dazu führen, dass basisdemokratische Strukturen, wie sie durch die Democracy App angedeutet werden, das System der repräsentativen Demokratie früher oder später ersetzen. In das neue freie soziale Netzwerk Human Connection wird die App durch eine Schnittstelle übrigens bereits direkt integriert. Die Zukunft beginnt jetzt.
Weitergehende Informationen und Hintergründe
>> Democracy App soll künftig an Human Connection-Schnittstelle andocken
>> Mit der Democracy App zur Basisdemokratie?!
>> KenFM im Gespräch mit: Paul Schreyer „Die Angst der Eliten“ (ab ca. Minute 00:50)
>> Weshalb direkte Demokratie nicht im Grundgesetz steht – Telepolis