Der Krieg gegen Syrien geht weiter

Mil.ru CC-BY 4.0

Zur Beruhigung besteht leider kein Anlass: Die Raketenschläge der Westmächte auf syrische Ziele
fielen weniger schlimm aus als befürchtet. Trotzdem bleibt Fakt, dass der Angriff ohne Legitimation
durch die UNO, also völkerrechtswidrig, erfolgte, und dass es keinerlei Beweis für die angegebene
Begründung, einen Giftgaseinsatz der Assad-Truppen in der Stadt Duma, gibt.

ARMUT STATT WIEDERAUFBAU

In Brüssel hat eine sogenannte Geberkonferenz Zahlungen für Syrien diskutiert. Die gegebenen
Zusagen reichen nicht im Ansatz aus, um dem Land die Rückkehr zur Normalität zu erleichtern.
Das Land leidet massiv unter den Sanktionen des Westens, deren Aufhebung nicht zur Debatte
steht.
Die Brüsseler „Geberkonferenz“ für Syrien hat nur rund die Hälfte der von den Vereinten Nationen
erhofften Hilfsgelder erbracht. Wie die EU am Mittwochabend mitteilte, kamen 4,4 Milliarden
Dollar (3,6 Milliarden Euro) für das laufende Jahr zusammen. Der Leiter des UN-Nothilfebüros
(Ocha), Mark Lowcock, kündigte an, bei der Hilfe in Syrien selbst und für Flüchtlinge in
Nachbarländern müssten nun „Prioritäten gesetzt werden“.

Neben den Zusagen für dieses Jahr seien weitere 3,4 Milliarden Dollar für die Zeit ab 2019
zusammengekommen, sagte der für humanitäre Hilfe zuständige EU-Kommissar Christos
Stylianides. Die EU als Ganzes stehe für drei Viertel der gesamten Zusagen und sei damit erneut
größter Geber. Deutschland sagte bei dem Treffen für dieses und die Folgejahre eine Milliarde
zusätzlicher Mittel zu. Großbritannien sicherte für 2018 und 2019 umgerechnet rund 857 Millionen
Euro zu. Die EU wird laut der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini für dieses Jahr erneut
rund 560 Millionen Euro für die „Syrien-Hilfe“ bereitstellen.

Es ist im wesentlichen unklar, wohin die Summen fließen werden. Der Privatwirtschaft und den
offiziellen Hilfsorganisationen dürften sie nur im geringen Ausmaß zufließen. Die syrische
Wirtschaft und die Zivilbevölkerung sind neben Krieg, in dem von zahlreichen ausländischen
Söldner-Trupps zum Einsatz kommen, vor allem von den von den USA und der EU verhängten
harten Sanktionen massiv geschädigt worden.

Die Aufhebung der Sanktionen, die Syrien eine langsame Rückkehr zur wirtschaftlichen
Normalität ermöglichen würde, wurde weder von den USA noch von der EU in den vergangenen
Jahren in Erwägung gezogen.

Sanktionen und Wiederaufbau
Die Sanktionen des Westens gegen Syrien wirken sich vor allem verheerend auf die syrische
Zivilbevölkerung aus. Bouthania Shaaban, politische Beraterin des syrischen Präsidenten Baschar
al-Assad, sagte im Jahr 2016 in einem Interview mit dem australischen Sender ABC: „Das erste,
was der Westen im Kampf gegen den Terrorismus tun muss, ist die Sanktionen gegen das syrische
Volk aufzuheben. Die Sanktionen helfen den Terroristen gegen das syrische Volk. Das syrische Volk
leidet in doppelter Hinsicht, nämlich sowohl durch die westlichen Maßnahmen als auch durch die
Terroristen (…) Niemand spricht über die Granaten, die unsere Städte und Zivilisten treffen. Diese
Raketen treffen unsere Schulen, unsere Krankenhäuser und Menschen auf der Straße. Sie zielen
nicht auf die Armee. Viele Länder besitzen die Technologie, die diese Granaten und Raketen
aufspüren und Menschenleben retten könnten. Doch aufgrund der Sanktionen gegen Syrien wird
uns niemand diese Technologie geben”.

Die Bundeszentrale für politische Bildung (BpB) führt in einem Bericht aus dem Jahr 2016 aus:
“Innerhalb eines Zeitraums von weniger als einem Jahr kulminierte diese Strategie dann allerdings
in einer an Umfang und Vielfältigkeit kaum je dagewesenen Sanktionierung eines Landes (…)
Neueste Berichte gehen davon aus, dass inzwischen über 80 Prozent der Syrer in Armut leben (…)
Bildungs-, Gesundheits- und soziale Einrichtungen sind zu großen Teilen zerstört oder nicht mehr
nutzbar”.

Die syrische Regierung ist zwar sehr daran interessiert, Aufträge für den Wiederaufbau an deutsche
Unternehmen zu vergeben, doch sie halten sich aufgrund der Sanktionen zurück. Fares Shehabi,
Präsident der Industriekammer in Aleppo, sagt in einem Interview mit den Deutschen
Wirtschaftsnachrichten: “Ich denke, dass viele deutsche Unternehmen wegen der
Wirtschaftssanktionen zögern. Sollten Sie jetzt nach Syrien kommen, wären sie davon betroffen,
man würde sie bestrafen. Sie fürchten vor allem die finanziellen Strafen seitens der USA. Aber von
vielen Konferenzen und Freunden weiß ich, dass die deutschen Firmen sehr daran interessiert sind,
hier in die Infrastruktur zu investieren – besonders in den Wiederaufbau der Wasserversorgung, der
Stromversorgung. Sie wollen ihre Maschinen verkaufen (…) Vor dem Krieg gab es mit deutschen
Unternehmen eine gute Zusammenarbeit. Die meisten unserer Maschinen hier in Aleppo kommen
aus Deutschland. Weil wir aber jetzt Geräte und Maschinen brauchen, hat die Regierung erklärt,
dass Russland, China, Iran und allgemein Länder der BRICS-Staatengemeinschaft (Blockfreie
Staatengemeinschaft) wie Brasilien und Indien Priorität eingeräumt wird. Keines dieser Länder hat
sich an der Zerstörung Syriens beteiligt.”

Nach einer Studie von World Vision International aus dem Jahr 2016, soll der Wiederaufbau
insgesamt 275 Milliarden Dollar kosten. Die gesamte Industrie des Landes wurde im Verlauf des
Krieges dezimiert. Hinzu kommen die Kosten für notwendige Reparaturen an der Infrastruktur, die
der Internationale Währungsfonds (IWF) auf 180 Milliarden bis 200 Milliarden Dollar schätzt.
Somit würden sich die Kosten für den gesamten Wiederaufbau auf 455 Milliarden Dollar beziffern.

Quelle: Deutsche Wirtschafts Nachrichten | Veröffentlicht: 26.04.18
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