Das Gesundheitswesen in Deutschland wird durch neoliberale Reformen massiv verschlechtert.
Seit vielen Jahren wird immer wieder bemängelt, dass unser Gesundheitswesen in Deutschland eine Zwei-Klassen-Medizin sei, mit dem Hinweis auf lange Wartezeiten bei Fachärzten für Kassenpatienten, während Privatpatienten sofort genommen würden. Neuerdings spricht man sogar schon von der Drei-Klassen-Medizin in Bezug auf immer mehr Zusatzversicherungen, die angeboten würden um bestimmte ärztliche Leistungen noch erhalten zu können.
Mit Bezug auf eine bisher unveröffentlichte Studie prangert der Norddeutsche Rundfunk (NDR) eine „erschreckende Fehlentwicklung an deutschen Kliniken“ an, die von Ärzten und Klinik-Geschäftsführern bestätigt werde: lm Klinikalltag herrsche „ein enormer ökonomischer Druck”. „Deshalb würden etwa Patienten im Krankenhaus aufgenommen, ohne dass es medizinisch notwendig sei. Außerdem würden Patienten nicht selten aus rein wirtschaftlichen Gründen operiert.“ Fast alle befragten Ärzte hätten angegeben, „dass wirtschaftliche Interessen des Hauses sie häufig in ihrer täglichen Arbeit beeinflussen“. Viele Ärzte hätten geradezu ein Bedürfnis, darüber zu sprechen, um Politik und Öffentlichkeit wachzurütteln. Wie man von einem Medizintechnik-Ingenieur und selbstständigen Unternehmer eines Medizintechnik-Handels erfuhr, gehe es in den Kliniken nur noch darum, die möglichst billigsten Geräte einzukaufen. Diese Gerätschaften – z. B. für den Operationssaal – hätten oft eine geringere Qualität als die teureren. Hier ist der Rückschritt in unserem Gesundheitswesen deutlich sichtbar.
Mit der Studie, über die der NDR berichtete, hatte untersucht werden sollen, warum die Patientenzahl in den Krankenhäusern ständig steigt, die durchschnittliche Aufenthaltsdauer der Patienten aber immer kürzer wird. Als Ergebnis formulierten die Studienleiter, am Bett des Patienten dürfe nicht gerechnet werden.
Das deutsche Gesundheitswesen ist ein geradezu klassisches Beispiel dafür, was neoliberale Reformen anrichten können. Es ist absurd anzunehmen, das reiche Deutschland könne sich kein Gesundheitswesen leisten, in dem der Bedarf des Patienten die entscheidende Größe ist. Stattdessen entscheidet das wirtschaftliche Kalkül der Klinik-Konzerne, die von der Privatisierungswelle im Gesundheitswesen profitieren und offensichtlich das Wohl der Patienten ihrem Gewinnstreben unterordnen. „Die Politik” wachzurütteln ist jedoch ein sehr zweifelhafter Weg, denn es ist kaum vorstellbar, dass sie die Privatisierungswelle bundesweit losgetreten hat, ohne die beschriebenen, völlig logischen Folgen in Kauf genommen zu haben.
Wir haben das Problem erfasst und leisten Widerstand gegen diese Art der Geschäftemacherei des Neoliberalismus. Die Deutsche Mitte hat eine sehr genaue Vorstellung von einem Gesundheitswesen zum Wohle der Patienten. Ursächlich kann aber von Gier und einem gnadenlosen Finanzsystem ausgegangen werden, das all Bereiche des Lebens fest im Griff hat und nach ihren Vorstellungen formt. Im Grunde muss man besonders im Gesundheitswesen von einer Perversion sprechen.